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Konfessionsverbindende Paare und Familien in Deutschland

Christiane und Hans-Liudger Dienel

Christiane (geb. 1965, röm.-kath.) und Hans-Liudger (geb. 1961, ev.-freikirchlich) Dienel
verheiratet seit 1992, 3 Kinder (geb. 1994, 1995 und 2006)
 
In welchem Jahr habt Ihr geheiratet?
Wir haben uns Ende 1988 am Ende des Studiums kennen gelernt und am 7. Mai 1992 kirchlich geheiratet.
 
Habt Ihr damals das Thema der Konfessionsverschiedenheit thematisiert?
Liudger: Glaube und Konfession waren von Anfang an Teil unserer Beziehung. Christiane kommt aus einer gut katholischen, ich aus einer überwiegend baptistischen Familie (mit einem starken evangelisch-landeskirchlichen Zweig). Wir haben uns bei der Trauung bewusst für eine oikumenische Veranstaltung entschieden: die Liturgie war katholisch, die Predigt evangelisch-freikirchlich
Christiane: Wie identitätsstiftend für mich meine eigene konfessionelle Herkunft war, wurde mir erst in der Konfrontation mit dem mir bis dahin völlig unbekannten Baptismus deutlich.
 
Welche Punkte standen dabei im Mittelpunkt?
Liudger: Mir war wichtig, dass die entstehende Familie auf einer christlichen Basis steht und wir sonntags nicht in verschiedene Gottesdienste gehen. Die Konfession selbst war dem gegenüber sekundär, wobei ich mich schon gefreut habe, dass Christiane bereit war, in meiner Gemeinde aktiv zu werden.
Christiane: Am Anfang unserer Ehe hätte ich nicht gedacht, dass die Gemeindezugehörigkeit unser Leben so stark prägen würde. Vieles davon entstand auch aus der Auseinandersetzung über die Formen des gelebten Glaubens. Hätten wir uns nicht aktiv einigen müssen, zu welcher Gemeinde wir gehen, vielleicht wären wir dann insgesamt seltener gegangen. So wurde es zu einer bewussten gemeinsamen Entscheidung.
 
Welche Spannungen und welche Chancen habt Ihr damals erwartet?
Liudger: Wir haben keine großen Spannungen erwartet, und das hat sich auch so bestätigt.
Christiane: Für mich bot sich mit dem Zugang zur protestantischen Tradition eine große Chance, meinen Kinderglauben erstmals kritisch und rational durchdenken zu dürfen, ohne ihn aufgeben zu müssen. Lutter war für mich dabei einer der wichtigsten Gesprächspartner, seine Familie und deren Lebensweise eine Herausforderung. Mit meiner eigenen Familie gab es wenig Spannungen. Meine Eltern sind jetzt schon eher irritiert, dass wir als Familie so regelmäßige Gottesdienstgänger sind, sozusagen katholischer als die Katholen.
 
Wie wirkt sich Eure Konfessionsverschiedenheit heute im Alltag aus?
Liudger: Wir sind theologisch völlig überzeugt von der Oikumene. Ich bin von einer Oikumene der Konfessionen inzwischen weiter gegangen zu einer partiellen Oikumene der Religionen. In unserem Alltag gibt es viele typisch freikirchliche und auch einige typisch katholische Elemente.
Christiane: Ich verfolge mit Interesse und Wohlwollen die katholischen Entwicklungen und versuche das, was mir daran wertvoll erscheint, auch in unser Leben und meine Gemeindeaktivität einzubringen, also z.B. liturgische Elemente, das Gefühl selbstverständlicher Zugehörigkeit, die Vergebung der Sünden als konkrete Alltagserfahrung.
 
Gibt es zwischen Euch Unterschiede in der gelebten Frömmigkeit (Beispiele)?
Liudger: Ich habe vielleicht eine etwas missionarische Grundhaltung.
Christiane: Bei langen Predigten schweifen meine Gedanken fast immer ab. An den großen Feiertagen (Ostern, Weihnachten) vermisse ich die katholische Liturgie. Und manchmal schaue ich traurig auf mein kleines handgesticktes Taufhemdchen, das von meiner alten Patentante für Generationen von kleinen Täuflingen gedacht war. Auch wenn mir die theologische Begründung der Erwachsenentaufe nachvollziehbar ist, sähe ich meine Kinder lieber getauft, weil ich mich genau daran erinnere, wie sicher und aufgehoben, von Schutzengeln begleitet, ich mich als getauftes Kind gefühlt habe.
 
Was habt Ihr vom jeweils anderen Partner in den Jahren hinzugelernt?
Liudger: C+M+B auf der Haustür.
Christiane: Losungen lesen.
 
Was könnt Ihr bis heute nicht recht nachvollziehen?
Liudger: Die oikumenischen Probleme auf der Ebene der Funktionäre.
Christiane: Dass Lutter Ökumene mit„oi" schreibt.
 
Ihr haltet Euch zur Baptisten-Gemeinde. Warum habt Ihr Euch so entschieden?
Liudger: Weil wir in eine Gemeinde gehen möchten. Christiane ist aber bewusst weiter Mitglied der katholischen Kirche.
Christiane: Ich fühle mich dort auch als Katholikin sehr akzeptiert.
 
Wo hat unsere Gemeinde ihre Stärken im Vergleich zur anderen Konfession?
Die Steglitzer sind demokratisch, sozial engagiert und ein interessanter Haufen.
 
Wo könnte unsere Gemeinde lernen von der jeweils anderen Konfession?
Christiane: Feierlichere Gottesdienste zu Weihnachten und Ostern machen. Verantwortliche Aufgaben für Jugendliche im Gottesdienst finden (Stichwort: Messdiener).


Mit freundlicher Genehmigung übernommen aus: Gemeindebrief der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde – Baptisten – Berlin-Steglitz, Nr. 109, Mai 2002